WERKANGABEN

Traumband III (Muräne)

2022, Gouache und Tusche auf Transparentpapier,
220 × 90 cm (ausgerollt 20 m)

Traumband III (Tomaten)

2022, Gouache und Tusche auf Transparentpapier,
220 × 90 cm (ausgerollt 20 m)

Traumband II (Tanker)

2022, Gouache und Tusche auf Transparentpapier,
220 × 70 cm (ausgerollt 20 m)

Traumband II (Das rote Kleid)

2022, Gouache und Tusche auf Transparentpapier,
220 × 70 cm (ausgerollt 20 m)

Traumband II (Schlangen)

2022, Gouache und Tusche auf Transparentpapier,
220 × 70 cm (ausgerollt 20 m)

Traumband I (Muräne)

2022, Tusche auf Transparentpapier, 105 × 33 cm (ausgerollt 50 m)

 

TEXT ZUR KÜNSTLERISCHEN POSITION

In meiner künstlerischen Arbeit beschäftige ich mich mit den psychischen und sozialen Beziehungen des Men- schen, dem Unbewussten und Träumen. In einer intuitiven und assoziativen Herangehensweise entstehen freie und poetische Zeichnungen, die Aspekte dieser Beschäftigung aufgreifen und bildnerisch ausdrücken. Die Zeichnungen enthalten oft biomorphe Formen und schlangenartige Mischwesen, die mit Textfragmenten in Beziehung gesetzt werden. Bild und Text können sich dabei humorvoll und poetisch ergänzen, überlagern oder widersprechen.

Traumbänder

Seit mehreren Jahren führe ich ein Traumtagebuch. Dieses bildet die Grundlage der »Traumbänder«. Auf Transparent- papierrollen verschiedener Formate zeichne ich Traumbilder und Textfragmente aus dem Traumtagebuch. Die Gouache- Zeichnungen entstehen intuitiv und assoziativ. Die Bänder zeigen immer nur einen sichtbaren Ausschnitt, während der aufgerollte Großteil des Bandes verborgen ist. Das Verber- gen steht im Widerspruch zu den Eigenschaften des Trans- parentpapiers. Das Transparentpapier zeigt alles, legt alles offen, lässt alle Fehler aus tieferen Farbschichten hindurch- scheinen. So wie Träume alles offenlegen und unser Inne- res, Sehnsüchte, Begehren, Ängste und Fehler hindurch- scheinen lassen.

BIOGRAPHIE

TRÄUME AM LAUFENDEN BAND

Ich führe seit mehreren Jahren ein Traumtagebuch. Ein Ort, an dem Mütter auf Muränen treffen

Etwa sechs Jahre seines Lebens verbringt ein Mensch mit träumen. Nicht jede:r träumt am Tag, doch nachts träumen alle. Und nicht immer kann man sich an die nächtlichen Bildgewitter erinnern.

Mich interessieren schon sehr lange die seltsamen Vor- gänge, die sich zutragen, wenn wir nachts das Bewusstsein verlieren. Es gibt Träume aus meiner Kindheit, an die ich mich heute noch genau erinnern kann. 2013 begann ich, meine Träume in kleinen Notizheften aufzuschreiben. In meinem Meisterschülerinstudium an der weißensee kunst- hochschule berlin beschäftige ich mich seit 2021 auf eine neue Weise damit: auf den »Traumbändern« zeichne ich mit Gouache assoziativ Szenen aus meinem mittlerweile di- gitalen Traumtagebuch auf große Transparentpapierrollen.

Im Wachzustand war der Weg zu den Traumbändern recht verschlungen. Zuvor beschäftigte ich mich während meines Studiums der Visuellen Kommunikation an der weißensee kunsthochschule berlin vorrangig mit vermittelnden Forma- ten in Typografie, Animation und Fotografie. Es entstanden zum Beispiel eine Fotoreportage im Afroshop, die 2016 auf dem Studierendenwettbewerb der Photokina in Köln ge- zeigt wurde; eine App, die mit einem multimedialen Stadt- rundgang duch Heidelberg Spuren kolonialer Geschichte aufzeigt; oder meine Masterarbeit »Einfach Psychisch!«: eine Serie von gezeichneten, animierten Carousels für Ins- tagram, die verschiedene Aspekte psychischer Gesundheit beleuchten und zur Entstigmatisierung psychischer Krank- heiten beitragen soll.

Aufgewachsen als eines von vier Kindern eines kroatischen »Gastarbeiters« und einer deutschen Mutter auf einem erzkonservativen Dorf in der Nähe von Heidelberg gab es
in den Neunzigerjahren wenig Raum und Bewusstsein, um über die Psyche und deren Konstitution zu sprechen. Fami- liäre Berührungspunkte mit psychischer Schwerbehinderung und das Schweigen darüber führten dazu, dass ich mich immer wieder mit dem Thema beschäftigt habe.

Im Zuge meiner Masterarbeit, die einem vermittelnden An- satz folgte, habe ich mehr und mehr erkannt, dass ich mich zwar weiterhin mit dem Thema befassen möchte, aber auf eine freie und poetische Weise. Ich suchte nach Mitteln, mit denen ich nach der Ungreifbarkeit der menschlichen Psy- che tasten kann. Hierbei hat mir die Autorin meiner Träume geholfen: sie inszeniert fantasievolle und skurril anmutende Geschichten auf der nächtlichen Bühne meines Unbewus- sten. Es treffen Mütter auf Muränen, körperlose Kinder auf dauerklingelnde Handys, durchschnittene Schlangen auf saftige Orangen oder rauschende Feste auf vergessene Anlässe.

Die »Traumbänder« spielen mit Gegensätzen wie Verber- gen und Zeigen, Transparenz und Opazität, Verrätselung und Formulierung. Sie laden so Betrachter:innen dazu ein, in träumerischer Art an die Zeichnungen und Textfragmente anzuknüpfen und eigene Geschichten und Assoziationen weiterzuspinnen.

 

 

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